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Mond durch ein Teleskop betrachtet (30-fache Vergroesserung)

Mondentstehung – Geschichte

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Elastische Stöße und andere Katastrophen

Michaela, die Assistentin für alles Philosophische und Psychologische, Yoga und Wellness. Chronisch unfrisiert liebt sie alles Chaotische, Kreative und möchte deshalb natürlich Leben im Universum haben.
Luzie, die Assistentin aus dem Untergeschoss, zuständig für alles Brennbare und Explosive, ist der Untergang aller Ordnung und Symmetrie und der Ruin der Nerven ihrer Kolleginnen.
Laplacie, der Laplacesche Dämon, der als fleißiger HiWi immer für Ordnung sorgt und für den nur die Quantenmechanik schlimmer ist als das Aufeinandertreffen aller drei Kolleginnen.
Gott, der Chef, der mit unerschütterlicher Ruhe die Kolleginnen und ihre Arbeiten dahin lenkt, wo er sie hinhaben will, zu einer funktionierenden Physik und irgendwann der Entstehung von Bakterien, Quallen, Nashörnern und anderen Lebewesen.
Gabriela, die Assistentin für Naturwissenschaften. Stets exakt frisiert hält sie hochsymmetrische Zustände für den Inbegriff von Schönheit und steht der Idee, Leben und das damit verbundene Chaos im Universum entstehen zu lassen, mit Skepsis, um nicht zu sagen, tief empfundenem Abscheu gegenüber.

„Ja, noch 1 nm – so ist es gut.“
Gabriela musterte zufrieden über den Rand ihrer Brille die Anordnung der fünf ideal elastischen Asteroidenkugeln, die Laplacie nebeneinander gelegt hatte. Er rieb sich die Hände. Das Thema war ganz nach seinem Geschmack.
„So – hast du noch Fragen zum Ablauf des Experimentes? Nein? Dann kannst du beginnen.“
Laplacie sprang eifrig zu den Kugeln, nahm die rechte, ließ sie unter Gabrielas strenger Beobachtung auf die Nachbarkugel prallen, lief zum linken Ende der Kugelreihe und hüpfte erfreut in die Höhe, als kurz nach dem Aufprall der rechten Kugel die Kugel ganz links wegflog.
„Hm, das sah doch schon sehr gut aus, der Impuls der rechten Kugel wurde durch die ganze Reihe Asteroiden gewissermaßen durchgereicht, bis der letzte ganz links wegflog – hast du die exakten Werte für seine Geschwindigkeit?“
Auf des Dämons eifriges Nicken fuhr Gabriela fort: „Dann überprüfe bitte den Impulserhaltungssatz, während ich das nächste Experiment vor...“ Der Rest von Gabrielas Worten wurde in Feuer und Rauch erstickt, als Luzie mit einem Knall erschien.
„Himmel – können Sie nicht einmal ankommen wie jeder andere auch? Diese Effekthascherei ist absolut unangemessen! Was wollen Sie überhaupt hier?“
„Ich find’s cool.“ Ungerührt wischte Luzie sich den Ruß aus dem Gesicht. „Was liegt an, Verehrteste? Der Chef meinte, Sie brauchen meine Hilfe, weilse‘s ohne mich wieder nich hinkriegen. Klasse – ist das ne Kanone?“
Luzie lief zu einer Piratenkanone, neben der einige Kanonenkugeln aufgeschichtet waren.
„Darf ich mal? Mit viel Feuer und Rauch?“
Gabriela stieß einen abgrundtiefen Seufzer aus, in dem alles Leid der naturwissenschaftlichen Assistentin seit dem Urknall lag. „Also eigentlich sollte Laplacie ... gut, wenn es denn sein muss. Aber wenn Sie sich bitte genau an meine Anweisungen halten könnten – wir führen hier ein hochsensibles Experiment durch. Ich möchte den Impulserhaltungssatz einer umfassenden Prüfung ...“
„Erhaltung?“ Luzie rieb sich verwirrt die Hörner. „Ich dachte, Kanonen zerstören eher – was gucken Sie denn schon wieder so, war doch bloß‘ne Frage. Also ich lad dann mal die Kanone.“
„Und – bitte! Werte Kollegin – ohne viel Feuer und Rauch!“
Inzwischen konnte Laplacie überglücklich verkünden, dass er keine Abweichung vom Impulserhaltungssatz hatte feststellen können, obwohl er das Ergebnis mit soviel Nachkommastellen berechnet hatte, wie er in Schriftgröße 12 auf einem mittelgroßen Planeten unterbringen konnte. „Sehr gut. Wirklich sehr gut.“
Gabrielas Zufriedenheit wich jedoch bösen Vorahnungen, als die endlich erwachte Kollegin Michaela von der Nachtseite der Modellerde herbeigestapft kam.
„Hochverehrte Kollegin, Sie wissen, wie ich Ihre Anwesenheit schätze – aber was immer für ein Problem Sie schon wieder haben, können wir das nicht später ...“
Zornig runzelte Michaela die Stirn, was hinter ihren wirren Haaren jedoch nicht so recht zur Geltung kam. „Später, später! Nie interessieren Sie sich für die wirklich wichtigen Probleme! Impulse und Asteroiden – wen interessiert denn das? Ich komme gerade von da! Da ist es nachts dunkel! Dunkel, verstehen Sie?“
„Sie wollten doch unbedingt schlafen! Dazu muss es doch dunkel sein!“
„Aber doch nicht so dunkel! Das macht depressiv!“
„Bitte? Depressiv?“
„Jawohl – depressiv. Man muss ständig nachdenkliche Gedanken denken und Schokolade essen!“
Michaela holte einen Schokoriegel hervor. Gabriela sah, wie Luzie – ohne genauere Anweisungen abzuwarten – mit Streichhölzern hantierte und begriff, dass sie die geschätzte Kollegin Michaela schleunigst abwimmeln musste.
„Hochverehrte Kollegin, Sie selbst haben geschrieben – warten Sie, ich kann mir diese unanschaulichen, nicht mathematischen Formulierungen so schlecht merken – ‚Da schied Gott das Licht von der Finsternis und nannte das Licht Tag und die Finsternis Nacht.‘ – Und würden Sie bitte etwas Abstand zu meinen Kugeln halten? Die sind nicht zum Anlehnen da!“
Aber es war zu spät. Die Kanone knallte – mit viel Feuer und Rauch übrigens – die Kanonenkugel schoss heraus, prallte auf den rechten der übrigen Asteroiden in der Reihe, während Michaela auf der linken Seite davon schoss. Mit ordentlicher Geschwindigkeit, da ihre Masse kleiner als die eines Asteroiden war.
„Oha.“ Luzie rieb sich die Hörner und beobachtete Michaelas Flug durch das All. „Na, die sindse erst mal los.“
In dem Moment kam Gott vorbei, er sah den geeigneten Augenblick für seine Pläne näher kommen. Er hockte sich neben dem Experiment auf einen Felsen, erwärmte ihn heimlich unter Missachtung des zweiten Hauptsatzes der Thermodynamik, wickelte einen vergessenen Schokoriegel der Kollegin aus und beobachtete gespannt den Fortgang der Untersuchungen.
Gabriela versuchte, sein interessiertes Lächeln, etwas, was sie immer nervös machte, zu ignorieren. „Luzie, wenn Sie freundlicherweise in der Lage wären, die Kanone noch einmal zu laden, damit wir endlich mit den elastischen Stößen weitermachen können ...“
„Klar, sofort.“
Luzie marschierte zurück zur Kanone und begann, Kugeln und Pulver hineinzustopfen. Um die Tätigkeit effizienter zu machen, kroch sie vorn in das Kanonenrohr hinein. Dann streckte sie ihre Hand aus dem Rohr und tastete blind im All herum.
„Möchten Sie?“ Gott bot Luzie den Rest des Schokoriegels an, aber sie lehnte ab.
„Nee, Chef, ich brauch Feuer.“
„Sie sollten wirklich nicht soviel rauchen“, tadelte Gott die feurigste seiner Assistentinnen, gab ihr aber äußerst bereitwillig das Feuerzeug.
Gabrielas Schrei verhallte ungehört im Kanonendonner.
Luzie schoss aus der Kanone heraus – mit viel Rauch übrigens – flog durch das Labor und schlug in das Erdmodell ein. Magma spritzte auf und ein erheblicher Teil der Erdmasse flog ins All.
Gott fuhr sich durch den Rauschebart. „Nein, so was aber auch. Und ich dachte, Sie wollten Experimente zu elastischen Stößen durchführen? War das nicht eher unelastisch, oder was meinen Sie, liebe Gabriela?“
Die liebe Gabriela meinte gar nichts, sondern versuchte heldenhaft, sich mit Berechnungen von Wärmeverlust, Verformungsenergie usw. usf. von der drohenden Ohnmacht abzuhalten.
„Mann, ist das tief.“ Luzie kam aus dem Krater gekrabbelt, den sie in die Erde geschlagen hatte und wischte sich einige Magmareste aus dem Gesicht.
„Äh – tief unelastisch?“ grübelte Gott und beobachtete zufrieden den Dämon. Dessen Symmetrieempfinden war durch die unförmigen Klumpen aus Erdmasse, die um die Erde rotierten, nachhaltig gestört, er machte sich auf und formte die Klumpen zu einer ordentlichen Kugel.
„Luzie“, raunte Gott, „reparieren Sie das hier mal lieber schnell. Ich muss meine Idee jetzt endlich umsetzen.“
Luzie schaufelte Magma in den Krater, verschob hier und da einen kaum erstarrten Kontinent, bis die Erde wieder halbwegs rund war, während Gabriela, aus Erfahrung das Schlimmste befürchtend, auf Gottes Idee wartete.
„Ja, das wird schön.“ Gott rieb sich begeistert die Hände. „Laplacie – lass jetzt mal die Kugel los – nein, ihre Bahn muss noch etwas korrigiert – ja, so! Schön, nicht?“
Strahlend wandte er sich an seine Assistentinnen, die beobachteten, wie die Kugel um die Erde schwebte und sie in etwa vier Wochen umrundete. Luzie konnte sich nicht recht erklären, wozu das gut sein sollte, Gabriela dagegen war froh, dass nichts Schlimmeres bei Gottes Überlegungen herausgekommen war. Einzig Michaela teilte Gottes Begeisterung. Sie saß auf der Nachtseite der Erde im Licht einer perfekten Mondsichel, aß Diätschokolade, um plötzlichen Entzugserscheinungen vorzubeugen, und sann über verschiedene Formulierungen nach. Schließlich entschied sie sich für: „Und Gott machte zwei große Lichter: ein großes Licht, das den Tag regiere, und ein kleines Licht, das die Nacht reg...“
An dieser Stelle versank sie mal wieder in Tiefschlaf.

© Wiebke Salzmann, Juni 2012

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